Besuch in der Heimat: Wolfsburg
Dieses Jahr habe ich mit meinem Nachwuchs einen Sommerurlaub der besonderen Art gemacht: zurück in meiner Heimatstadt Wolfsburg. Ich werde Euch in ein paar Beiträgen davon berichten, für einen einzigen ist das zu lang. Von den Temperaturen her jedenfalls konnte meine niedersächsische Heimat im Jahr 2018 hervorragend mithalten. Mehrfach haben wir die 35° geknackt. Und so verbrachten wir die Tage mehrfach auch deshalb in Museen, weil diese über eine hervorragende Klimatisierung verfügten. Zunächst aber erst mal einen Blick auf die Stadt selbst:
Wolfsburg identifiziert sich inzwischen – das veränderte sich erst nach meinem Wegzug – deutlich mit dem Wolf. Überall in den Logos der Stadt ist er zu finden. Ob auf Bussen, Rettungswagen oder auf Straßenschildern, überall ist die Silhouette eingebaut. Und die Stadt hat sich ein bisschen davon emanzipiert, ein miefiges Provinznest im Zonenrandgebiet zu sein. Etliche namhafte Architekten haben schließlich schon seit jeher ihre Visitenkarte hinterlassen in der doch recht weitläufigen Stadt. So zum Beispiel Alvar Aalto mit der Stadtbibliothek. Das vermeintliche Krankenhaus ist das Rathaus der Stadt, und es hat mich sehr gefreut, den Pfau-Brunnen noch vorzufinden, obwohl man das ganze Hertie-Gebäude (nein, nur fast: ein Teil steht tatsächlich unter Denkmalschutz) abgerissen hat. Faszinierend auch, dass das Imperial-Kino-Gebäude diesen Status ebenfalls hat, inklusive Schriftzug, obwohl längst kein Kino mehr drin logiert.
Aber am ersten Ausflugstag flüchteten wir also ins Kühle: ab ins Kunstmuseum. Dies wurde erst gebaut, nachdem ich weggezogen bin, und mir fällt nicht ein, was wohl vorher dort gewesen war. Irgendwelche Hinweise? Leere Fläche? Ich weiß es nicht mehr. Derzeit beherbergt das Museum zwei Ausstellungen. Die erste widmet sich dem Pressefotografen Robert Lebeck, der jahrelang für den Stern arbeitete (hier geht es zur offiziellen Seite). Erst nach ein paar Räumen ging mir auf, dass das Jahr 1968, dem sich die Ausstellung widmet, nicht nur wegen der Besonderheit dieses Jahres gewählt worden ist, sondern weil das – wie die Zeit doch rennt – dieses Jahr eben 50 Jahre her ist. Rudi Dutschke, geschiedene Frauen, der Tod Robert F. Kennedys, all das findet sich auf den Fotos und auch im Stern von damals – und zum Teil erstaunlich verfälscht und retuschiert. Wir bekamen vor Ort sehr viele nette Hinweise eines Wachmanns, der begeistert von Bild zu Bild führte – und uns beispielsweise darauf hinwies, dass die 1968 entstandenen Irland-Fotos vom Stern erst 1969 verwendet wurden, als die Aufstände aufbrandeten und man noch keine aktuellen Fotos hatte. Die Freundlichkeit fiel uns direkt auf (und mir ganz besonders auch, dass es einen Familienpreis auch für Alleinerziehende gibt). Etliche Fotos stammten auch aus Wolfsburg, und der Blick eines Ortsfremden auf eine Stadt fasziniert mich oft (in der Collage: Westhagen). Der Bilderstapel stammt nicht von Lebeck. Von wem er ist, hab ich vergessen, sorry.
Ebenfalls im Kunstmuseum gibt es gerade die Ausstellung „Facing India“ – indische Künstlerinnen nutzen ihre (politische) Stimme. Sehr kreativ! Ein Kreis aus künstlichen Zähnen, versetzt mit winzigen Figuren. Ein Kühlfach-Innenleben. Eine Weltkarte, auf die man klopfen kann und die (mahnende? hilferufende?) Stimmen erhebt. Beschriftete Reiskörner, Glas-Armbänder, Saris und die Kasten-Punkte in neuer Anordnung. In den Riesen-Lautsprechern hörte man natürliche Klänge. Eine Künstlerin hat Müll-Düfte gesammelt und in einem Bottich versammelt. Besonders faszinierend fand ich Dinge, die ich gar nicht fotografiert habe: Salz-Buchstaben, die man auch selbst mitgestalten konnte. Ein Museum für unnütze Dinge. Und wie unten links zu sehen eine Art „Naturmuseum“, in dem nationale Symbole (Tiere, Bäume, Gegenden) von Indien und Pakistan gegenübergestellt wurden.
Und dann gab es noch ein großes, gestricktes Weltbild. Gestrickt aus Elektrokabeln, die sich zu einem Netzwerk verbanden und Geräusche, Lichter und allerlei Anderes betrieben. Aber auch Stacheldraht symbolisierten und Fluchtrouten. Sehr anschaulich. Und beklemmend, gerade auch wegen der leider nicht fotografierbaren Geräusche.
Was wir noch unternommen haben, berichte ich ein andermal.